Petrus, Käßmann, Jesus

Eine alte Predigt zum Sonntag Invokavit hatte ich für Weipoltshausen und Zell herausgekramt, ich gebe es zu. Das finde ich auch nicht schlimm, dass ich Gedanken, die nach wie vor meine sind, an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit noch einmal verwende und eventuell aktualisiere.

Dass diese Gedanken aber so aktuell sein würden und so punktgenau auf unsere EKD-Bischöfin Margot Käßmann abzielen könnten, die am Abend zuvor stark alkoholisiert Auto gefahren ist, das hatte ich nicht gedacht.
Darum will ich in der aktuellen Debatte diesen Predigttext – eigentlich den vom Sonntag Invokavit 2007 – ins Gedächtnis rufen.

Lukas 22, 31-34
Jesus sprach zu Petrus: Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. 32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder. 33 Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. 34 Er aber sprach: Petrus, ich sage dir: Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst.

Wir kennen die Geschichte. Petrus verleugnet Jesus, als er darauf angesprochen wird: „Du bist doch auch einer von denen“ - „Nein, nein, ihr müsst euch irren!“. Nicht „nur“ eine Alkoholfahrt (die ich damit überhaupt nicht verharmlosen will!), nein: Seinen ganzen Glauben, seine Überzeugungen, das, wofür er in den letzten Jahren eingestanden war, all sein Hoffnung wirft er über Bord, kaum dass es auch nur ein klein wenig gefährlich werden könnte für Simon Petrus.
Aus. So würde man meinen. Der kann kein Vorbild sein. Dem kann man nicht trauen. Zu dem können wir nicht vertrauensvoll aufschauen.

Doch was macht Jesus? Er sagt genau zu diesem Petrus, diesem Versager: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen.“ Er vertraut ihm. Ihm, der sich so unglaubwürdig gemacht hat. Ihm, der so vollkommen versagt hat. Ihm, der es nicht würdig ist, auch nur noch irgendein Hilfsamt in der Kirche zu übernehmen – ihm vertraut Jesus seine Gemeinde an.

Wie kann das sein? Brauchen wir nicht Vorbilder, zu denen wir aufschauen können? Ja. Brauchen wir. Haben wir auch: Jesus. Alles andere sind Menschen. Und die sind fehlbar. Sie werden, wenn sie bekannt und beliebt sind, hochstilisiert zu kleinen „Gottheiten“. Obama ist das leuchtendste Beispiel unserer Zeit. Und natürlich, gerade von den Vertretern der Kirche erwarten die Menschen einen tugendhaften Wandel. Manfred Josuttis hat es in seinem Buch „Der Pfarrer ist anders“ beschrieben: Das, was viele selbst in ihrem Leben nicht schaffen, einen tadellosen Lebenswandel, das erwarten manche sozusagen stellvertretend von ihrem Pfarrer, ihrer Pfarrerin. Aber dafür sind diese doch gar nicht da. Sie sind da, um zu trösten. Mut zuzusprechen und Vergebung. Um Ungerechtigkeit anzuprangern und Missstände. Und das, denke ich, hat Frau Käßmann bisher vorbildlich getan.

Was würde Jesus tun?
 

Comments

... daran hat mich das etwas erinnert. Ich bezweifele, dass die oberste Vertreterin der Amtskirche wirklich jemals so sehr Vorbild "an der Basis" war. Das kann ein Pfarrer vor Ort viel besser. Jedenfalls wird Frau Käßmann jetzt wohl unweigerlich diesen Posten hinlegen (müssen). Natürlich kann man ihr (genauso wie jedem anderen, der einen Fehler macht) das menschlich verzeihen. Aber hier geht es wohl vielmehr um Politik. Da wird sich das "Unternehmen Kirche" sicherlich um einen anderen CEO bemühen (müssen). Für die Menschen, wie Frau Käßmann eben auch einer ist, kann man das Ganze aber sicherlich sehr wohl als Lernbeispiel "predigen".