Predigt beim Volksfest-Gottesdienst: Auf und ab

„Auf und nieder, immer wieder,so ham' mer's früher g'macht, so mach' mer's heut'“

Heiko: und jetzt machen wir hier die Festzeltstimmung oder was?

Ulli: Ja, doch. Wieso eigentlich nicht? Aber ne. Ich hab mir einfach gedacht, dieses Schunkellied passt doch auch zum Thema unseres Gottesdienstes. 

H: (sagt es noch mal so vor sich hin) Auf und nieder – immer wieder. Jaaaa, du hast Recht, denn auf unserem Plakat steht es ja so ähnlich drauf: auf und ab. Ich stelle mir grad mal vor, wenn das Festzelt hier so richtig voll ist und alle mitmachen bei dem Lied: da kommt die richtige Stimmung auf. 

U: Na, darauf kannste wetten. Auf und ab. Das ist wie draußen auf dem Platz, wenn die Achterbahnfahrer oder die, die noch andere Geräte ausprobieren (ich weiß nicht, wie sie alle heißen) sich in einem Wahnsinnstempo nach oben und unten, nach links und rechts bewegen und in einen riesen Hype bringen.  

H: Auf und ab – diese Bewegungen gibt es aber auch abseits von der Achterbahn. Manchmal ist doch auch unser Leben so ne richtige Achterbahnfahrt. Ich denke, jeder und jede von Ihnen kennt das. Es gibt Zeiten, da fluscht alles, alles geht gut von der Hand: in der Arbeit, privat, da ist eine positive Grundstimmung da. Wir fühlen uns gut. 

U: Aber dann gibt es leider auch die anderen Zeiten, in denen wir uns wie blockiert fühlen. Da geht’s irgendwie bergab, oder wir haben das Gefühl, wir sitzen fest und alles geht nur noch mühsam vorwärts. 

H: Und manchmal fühlst du dich wie in so einem Freefall-Tower. Im freien Fall. 

U: Wie – der freie Fall?

H: Na ja, manchmal, da gibt es Situationen, wo wir einfach nicht mehr weiter wissen. Manchmal reicht schon eine Kleinigkeit. Ein völlig verregnetes Volksfest, das die Einnahmen im freien Fall nach unten stürzen lässt. Ich hoffe, ganz so schlimm war's für Sie jetzt doch nicht in der letzten Woche. Oder nicht mal unbedingt die ganz große Krankheit – reicht schon ein verstauchter Knöchel, und bei manchen Geschäften ist unklar, wer dann die Arbeit machen kann. Aber natürlich auch die „großen“ Dinge. Schwere Krankheiten. Streit und Trennung in der Familie. Finanzielle Nöte. Wenn Sorgen uns auffressen wollen und wir einfach nur verzweifelt sind.

U: Ja, das kenne ich auch. Da fragt man sich dann: Wo finde ich dann eigentlich Halt? Was trägt mich in diesen Zeiten? Wer fängt mich auf, wenn ich ganz unten bin?

H: Jesus sagt einmal: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen werdet, noch um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ 
Und dann weiter: 
„Schaut auf die Vögel des Himmels: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in Scheunen - euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht mehr wert als sie?“ (Mt 6, 25-31)

U: Das hoffe ich aber, dass ich ein bisschen mehr wert bin als so ein Vogelvieh! Aber Spaß beiseite. Ich denk mir manchmal, das ist für uns heute ganz schön schwer, so zu denken wie Jesus. So ne Gelassenheit zu entwickeln. Denn Sorgen um die Zukunft macht sich doch fast jeder: 
Die Schausteller, ob sie genügend einnehmen und ihren Job behalten können, oder auch wir mit unseren vielen Problemen und Planungen für die Zukunft. 

H: Ein bisschen war Jesus ja wie Sie, die Schausteller. Er ist auch von Ort zu Ort gezogen. Hatte nicht mal einen Wohnwagen dabei. Und hat sich darauf verlassen: Irgendwie geht es schon weiter. Jesus lebte auf seinen Wanderungen mit seinen Jüngern durch Israel oft von der Hand in den Mund. 

U: Aber er hatte auch ein großes Vertrauen zu seinem Vater im Himmel. Er sagt nämlich später noch im Mt-Ev: „Euer himmlischer Vater weiss nämlich, dass ihr das alles braucht. (Mt 6, 31)

H: Ja, das war ihm das wichtigste. Jemanden zu haben, auf den er vertrauen konnte. 
Beim Freefall-Tower gibt es bestimmt mechanische Sicherungen, die eingreifen, falls irgend etwas schiefgeht. So dass die Menschen nicht einfach abstürzen können. Und natürlich bei den anderen Fahrgeschäften auch. Fürs Leben gibt es auch so etwas wie so eine Sicherung. Blöd nur, dass wir sie meistens gerade dann nicht erkennen, wenn wir sie wirklich brauchen. 
Als die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann damals nach ihrer Alkohol-Autofahrt gewissermaßen im freien Fall war, hat sie einen Satz gesagt, der platt klingen kann, denn sie aber ganz ernst meinte: „Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“. Er ist da, auch, wenn wir im freien Fall sind. Er fängt uns auf.

U: Liebe Schausteller, liebe Gottesdienstbesucher, das wünschen wir Ihnen von Herzen, dass Sie jemanden an Ihrer Seite wissen, wenn es hart auf hart kommt. Und dass Sie auch Gott an Ihrer Seite wissen. So nämlich formuliert es der Schreiber des Psalmes 23 – es ist mein Lieblingspsalm: „Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil. Denn du bist bei mir.“ (Ps 23, 4).