Predigt: Jesus wäre Kameruner (110 Jahre TSV Schwebheim)

Predigt zum 110. Jubiläum des TSV Schwebheim
Schwebheim, 5.7.2014

(leider heute wegen eines Technikproblems keine Aufnahme zum Nachhören)

Text: Mt 5,1-12

Liebe Gemeinde!

110 Jahre gibt es nun schon den TSV Schwebheim. Das ist eine lange Zeit. Selbst meine Oma, die immerhin diesen Monat 101 wird, war damals noch nicht auf der Welt. Herzlichen Glückwunsch! Ein reges Vereinsleben hat sich daraus entwickelt in dieser langen Zeit. Ich bin ja hier sozusagen nur der Einwechselspieler, kenne mich in Schwebheim nicht ganz so gut aus, aber ich habe mich mal kurz auf der Homepage nachgeschaut, was es hier alles gibt.

Die Abteilung Line Dance sehen wir ja schon hier im Gottesdienst. Die Abteilungen Faustball, Korbball, Leichtathletik, Schwimmen, Tischtennis, Tennis, Turnen / Kondition und natürlich die Kräuter-11 mögen es mir verzeihen, wenn ich aufgrund, sagen wir mal, aktueller Ereignisse mich heute hauptsächlich auf Fußball beziehe. Und dazu versuche ich jetzt mal, dieses Trikot über meinen Talar zu ziehen.

Ähm ja, tut mir Leid. Das ist NICHT das deutsche. Unsere Familie ist halt ziemlich eng mit Holland verbunden. Da kauft man sich schon mal ein Billig-Trikot vom möglichen zukünftigen Weltmeister. Wenn es wirklich ein Finale Deutschland-Holland geben sollte, hätte ich wirklich ein kleines Loyalitätsproblem. Aber ich hab auch ein deutsches Trikot, ehrlich!

In so einer Weltmeisterschaft kann es ja leider nur einen Sieger geben. So viele, die sich große Hoffnungen gemacht haben, sind schon ausgeschieden. Auch ganz „große“ Mannschaften. Spanien, Portugal, Italien. Ob man England noch unter die „großen“ zählen kann? Da gab es ja doch einiges an Häme, als sie so früh ausgeschieden sind. Ehrlich, ich musste auch lachen über die Statistik der Tore in den letzten vier Weltmeisterschaften: England 17 – Klose 15.

Hier vor Ort kämpfen Sie natürlich nicht in der Weltmeisterschaft. Jedenfalls ist mir nicht bekannt, dass ein Schwebheimer in der Nationalmannschaft dabei wäre. Aber auch Sie kennen das: Der eine gewinnt. Viele andere verlieren. In den meisten Sportarten geht's darum: Wer ist der, die beste? Wer besiegt die anderen? Line dance ist da ein bisschen anders, ja. Da geht es um die Gemeinschaft. Und natürlich geht es auch in den anderen Sportarten um Gemeinschaft, wenn's gut geht. Ganz fantastisch fand ich die gemeinsamen Szenen nach dem Spiel Brasilien gegen Kolumbien. Umarmungen, Trikottausch, gemeinsam vors Publikum nach einem wirklich harten Kampf.

Wer ist der schnellste, die stärkste, der klügste, die schönste? Das ist eine Frage, die uns immer beschäftigt. Jeden Tag. Ob im Sport oder im normalen Leben. In der Schule. Bei der Arbeit. Zu Hause. „Mein Garten ist aber schöner als deiner!“ - „Mein Kind kann schon zwei Wörter mehr sprechen als deines!“ „Dafür fängt meins schon an zu laufen“. Von klein auf sind wir in so einem Wettbewerb gefangen, scheint es. Und weil immer nur einer gewinnen kann, gibt es dabei ziemlich viele, die sich als Verlierer im Leben fühlen.

Ja, verlieren gehört im Sport und im Leben leider auch dazu. Und manchmal kann man selber nicht mal was dazu. Ich habe in letzter Zeit einfach viel zu viele „Verlierergeschichten“ gehört. Von Menschen, die Krebs haben oder eine andere schwere Krankheit. Die viel zu früh gestorben sind oder nicht mehr lange zu leben haben. Deren Familie zerbrochen ist an Dingen, die sie nicht in der Hand hatten. Letzten Sonntag haben wir im MehrWegGottesdienst die Menschen wieder um Gebetsanliegen gebeten. So viele Gebetszettel waren diesmal voll von solchen Verlierergeschichten.

Es ist wahrscheinlich kein Trost, wenn man gerade mitten in so einer Verlierergeschichte drinsteckt, aber: Jesus war auch nicht gerade Weltmeister. Der ist als verurteilter Verbrecher gestorben. Wahrscheinlich würde er heute das Trikot von Kamerun tragen. Das waren die erfolglosesten in der WM. 0 Punkte und 1:9 Tore.

Gut zu wissen, dass es für Gott nicht wichtig ist, wie erfolgreich wir in unserem Leben sind. Oder wie gesund, wie optimistisch und sonstwas. Für ihn zählt der größte Versager genau so viel wie der künftige Weltmeister.

Wer ist der größte, schnellste, stärkste, schönste? Auch unser heutiges Evangelium redet von einem gänzlich anderen Umgang miteinander, als wir das gewohnt sind. Da stehen nicht die Stärksten und Schönsten im Vordergrund, sondern die ganz kleinen, unscheinbaren. Die, die im Hintergrund arbeiten, unauffällig. Die, die sich mit Herzblut und viel Liebe einsetzen für andere. Für den Frieden. Für Versöhnung. Die, die dem unglücklichen Gegenspieler die Hand reichen, statt auf ihn einzutreten. Die Sanftmütigen, die Friedfertigen. Die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.

Im Wettkampfsport würde das natürlich nicht funktionieren. Das wäre irgendwie langweilig. Und auch sonst ist der gute, kreative Wettstreit untereinander schon etwas, was uns antreibt, uns zu besseren Leistungen treibt. Etwas, was auch uns als Gesellschaft vorantreibt.

Aber wir dürfen darüber nicht die vergessen, die am Rand stehen. Die vielen Flüchtlinge auf der Welt, die doch nur ein menschenwürdiges Leben führen wollen, die wenigstens überleben wollen. Die Kranken. Die Erfolglosen. Die Hoffnungslosen. Kamerun sozusagen. Oder England, das vermutlich mehr Häme einstecken musste als Kamerun.

Die dürfen wir nicht vergessen. Jesus sagt: Die sind es, die selig sind. Diese Menschen sind es, die Gott nahe sind.

Vergessen Sie das nicht, wenn es Ihnen gut geht. Und vergessen Sie es auch nicht, wenn es Ihnen schlecht geht: Gottes Herz schlägt auf der Seite der Schwachen.

3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.

4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.

5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.

6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.

7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.

9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.

10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.

11 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen [a]um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen.

12 Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alles unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.