Bischof for president?

Unter den Kandidatinnen und Kandidaten, die zurzeit so für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt werden, sind ja eine ganze Menge evangelische Theologen und in der evangelischen Kirche engagierte Menschen: An erster Stelle natürlich Joachim Gauck, ehemals Pfarrer in der DDR. Dann wäre da der ehemalige Bischof Wolfgang Huber. Dazu noch Katrin Göring-Eckardt, Präses der Synode der EKD, und Margot Käßmann, ehemalige EKD-Ratsvorsitzende.

Manche rufen jetzt entsetzt: Wo bleibt da die Trennung von Staat und Kirche? Warum mischt sich die evangelische Kirche so ein? Wir fühlen uns als Atheisten (Buddhisten, Katholiken, ...) nicht ausreichend vertreten von so jemandem.

Zunächst mal: Kein Bundespräsident kann allen Gruppen gleichzeitig gerecht werden. Auch wenn der aktuelle Bundespräsident, sagen wir mal, katholischer Jurist wäre, würde ich mich als Pfarrer doch von ihm vertreten fühlen – oder auch nicht, aber das hängt nicht an seiner beruflichen und religiösen Herkunft, sondern daran, wie er unseren Staat vertritt. Und ich glaube: Wer dieses hohe Amt übernimmt, von dem kann man zu Recht erwarten, dass er oder sie über diesen Kleinlichkeiten steht. Natürlich hat jeder Mensch Wurzeln. Die Frage ist, ob man auch Menschen mit anderem Hintergrund wertschätzend begegnen kann oder nicht.

Spannend finde ich die Frage, warum nun so viele Vertreter/innen der evangelischen Kirche im Gespräch sind. Die haben ja, soweit ich das überblicken kann, auch nicht von sich aus „hier“ gerufen, sondern sind gefragt oder vorgeschlagen worden, weil andere ihnen das Amt zutrauen. Ich glaube, das hat vor allem zwei Gründe, die tatsächlich in unserem evangelischen Glauben begründet sind.

Das erste: Wir Protestanten verstehen unser Leben und unseren Glauben als eine Aufgabe, die Welt zu gestalten. Nicht zu unserem eigenen Vorteil, sondern zum Vorteil aller. Und wir haben eine Kultur des demokratischen Miteinanders, die manchmal zwar sehr kompliziert sein mag, aber uns doch auch gewaltig prägt. Eigenverantwortung und demokratisches Engagement: Das ist für uns selbstverständlich und unverzichtbarer Bestandteil unseres Glaubens.

Das zweite: Ich glaube, nach dem Desaster mit unserem letzten Bundespräsidenten gibt es eine große Sehnsucht – nach Rechtschaffenheit, Geradlinigkeit, Ehrlichkeit. Ich denke, die meisten Menschen sind Realisten genug, um zu wissen, dass kein Mensch ohne Fehler ist. Aber die Art, wie gerade Margot Käßmann damals mit ihrem Fehler umgegangen ist, hat viele überzeugt. Vielleicht färbt etwas davon auch auf uns alle als evangelische Kirche ab? Schön wärs.

Auf jeden Fall glaube ich: Mit einem dieser vier Kandidaten wäre unsere Republik gut bedient. Auch die, die eben nicht evangelisch sind. Denn diese vier – sie würden nicht missionieren, da bin ich mir sicher. Sondern das Beste für ihr Land geben.

Aber natürlich nehme ich auch einen guten Katholiken, Agnostiker oder Muslim.