Ansprache: Ein Kampf, der sich gelohnt hat

Andacht zum Ende der Atomkraft in Deutschland am Wegkreuz beim Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, 16.4.2023

Endlich, endlich ist es soweit!

Ich hab’s ja schon gesagt: Dass ich heute diese Andacht mit euch feiern kann, das ist mir wirklich eine sehr große Freude und Ehre.

Aber was soll ich denn heute sagen? Radio Primaton hat mich das schon vor 2 Tagen gefragt, und ich wusste es auch nicht so genau.

Ich will mich heute einfach nur freuen.

Und dabei gibt es so vieles, was uns Sorgen machen muss.

Auch der Streit in unserer Gesellschaft, ob die Entscheidung richtig ist.

Ja klar, sage ich. Hab mich lang genug damit beschäftigt. Ja klar, sagt ihr, die ihr hier seid.

Aber es gibt viele, die es heute anders sehen. Viele, denen die Fakten egal zu sein scheinen. Viele, die auf die Angstmacher reinfallen.

Können wir hier fröhlich feiern mit so tiefen Rissen in unserer Gesellschaft?

Und – worüber soll ich denn heute predigen?

Die üblichen Texte von wegen „Schöpfung bewahren“ und so, die haben wir doch schon längst alle durch.

Heute früh habe ich in Dittelbrunn Gottesdienst gefeiert. Und der Predigttext für diesen Sonntag – er passt irgendwie auf den zweiten Blick ziemlich gut.

Es ist ein Text aus dem Alten Testament. Er erzählt von Jakob, dem Stammvater des Volks Israel. Der hatte seinen Bruder Esau um das Erstgeborenenrecht betrogen und um den Segen des Vaters, ihr erinnert euch vielleicht an den Reliunterricht, es ging um eine popelige Linsensuppe fürs Erstgeborenenrecht.

20 Jahre war er nun auf der Flucht in der Fremde gewesen, war auf dem Heimweg, hatte riesige Angst vor der Begegnung mit seinem Bruder.

Und dann kommt diese seltsame Geschichte von Jakobs Kampf am Jabbok. Jakob schickt seine Familie voraus über den Fluss, bleibt ganz allein zurück. Und die ganze Nacht kämpft er mit einer seltsamen Gestalt. Ein Dämon? Gott selbst? Nur ein Albtraum? So ganz klar wird es nicht, wer der Gegner ist.

Jedenfalls: Keiner kann den anderen bezwingen. Die ganze Nacht ringen sie miteinander. Der Fremde schlägt Jakob auf die Hüfte, so dass er später hinken wird. Und dann, als die Sonne aufgeht, bittet der Fremde: Lass mich los!

Und Jakob, frech wie er ist: »Ich lasse dich erst los, wenn du mich gesegnet hast.«

Nach diesem langen, erbitterten Kampf, endlich, am Ende, bekommt Jakob den Segen. Hart verdient. Hart erkämpft.

So ungefähr kommt mir unser Kampf vor. Jahrzehnte, in denen wir kämpften gegen einen oft übermächtig erscheinenden Gegner. Kleine und große Erfolge. Wackersdorf. Schließlich der erste Atomausstieg, als es so aussah, als würde die Sonne langsam aufgehen, doch zu früh gefreut.

Ach Jakob, ich kann dich so gut verstehen.

Aber nun, nun haben wir hoffentlich unser Ziel erreicht. Die Sonne geht auf, wie bei Jakob. Und in der Energiepolitik natürlich auch. Mit Sonne und Wind kommen wir unserem Ziel näher. Dem Ziel, diese Erde bewohnbar zu erhalten für unsere Kinder, Enkel und alle folgenden Generationen.

Franz, du hast uns einiges mitgebracht, was uns an die Stationen dieses Kampfes erinnert. Erzähl doch mal!