Ansprache beim Schaustellergottesdienst 2015: Immer im Kreis?

Ansprache beim Schaustellergottesdienst am 14.6.2015 
„Immer im Kreis?“

Boah Ulli, dieses Lied, das ist ja so was von atemlos. Ich weiß immer gar nicht, wo ich Luft holen soll. Und eigentlich war die ganze Woche schon so. Arbeit über Arbeit. Ich bin echt urlaubsreif, kannste mir glauben.

Aber … du bist doch erst vor einer Woche aus dem Urlaub gekommen?

Ja, schon. Hast ja recht. Aber geht dir das nicht auch oft so? Immer wieder der gleiche Trott und kaum Zeit, mal Luft zu holen.

Ja, natürlich. Das kenn ich auch. Leben und Arbeiten kann manchmal ganz schön mühsam sein.

Sie, liebe Schausteller, kennen das ja auch. Und wenn die Arbeit noch so Spaß macht und es viele schöne Momente gibt: Es kann manchmal auch eine ganz schöne Last sein.

Ich stell mir das auch ganz schön nervig vor, wenn ich alle paar Wochen meine ganzen Geräte wieder abbauen müsste und weitefahren müsste zur nächsten Station, wieder aufbauen, wieder abbauen …

Wie so ein Karussell, dieses ganze Leben. Immer im Kreis. Ach übrigens, unsere jüngste Tochter ist jetzt auch unter die Schausteller gegangen.

Wie denn das? Die ist doch erst vier.

Ja, die hat zum Geburtstag ein Karussell bekommen. Da, schau mal. Kann man Playmobil-Männchen reinsetzen, dann hier kurbeln, und schon drehen die sich.

Und wenn du schneller kurbelst, fliegen die raus.

Ja, das kann wirklich sein. Sind halt nicht so gut gesichert wie die Fahrgäste hier auf dem Volksfest. Aber ich finde, das ist ein ganz gutes Bild für unser Leben.

Was? Dass wir aus unserem Leben rausfliegen?

So ungefähr. Es gibt doch viele, bei denen dreht sich das eigene Lebenskarussell immer schneller und schneller. Die Karriere ist wichtig, Familie ist auch noch irgendwie dabei, hier noch eine Aufgabe, da noch irgendwas – und zack, fliegst du aus der Kurve. Burn-Out. Oder Herzinfarkt. Oder du passt als Schausteller nicht auf und fällst irgendwo runter und verletzt dich schwer.

Ja, den Fall hatten wir ja gerade in diesem Jahr hier auf dem Volksfest. Aber sag mal, können wir denn gar nichts dagegen machen, dass das Leben immer schneller wird, sich immer schneller dreht?

Na ja, ein Karussellbetreiber hat das natürlich schon in der Hand. Falls die Geschwindigkeit nicht gerade vollelektronisch gesteuert wird, meine ich. Der kann selber am Knopf drehen. Schneller oder langsamer – ganz nach Belieben.

Das müsste man mal mit dem eigenen Leben machen können.

Kannst du doch.

Wie meinst du das?

Na ja – du musst dich doch nicht ständig im Kreis drehen. Du kannst auch mal aus dem Karussell aussteigen. Ist wie auf dem Volksfest. Wenn du pausenlos im Kreis fährst, ist dir irgendwann schlecht. Zwischendurch ein bisschen laufen. Vielleicht mal was essen oder trinken. Einen Luftballon steigen lassen. Oder einfach nur mal zuschauen, was die anderen so treiben.

Und übertragen auf das eigene Leben heißt das dann: Ich kann da auch mal raus aus dem Trott. Nicht nur für den Urlaub. Ich kann Dinge beenden, die mich belasten, was Neues anfangen. Oder mir einfach mal einen Freiraum schaffen.

Ja genau. Ich genieße das zum Beispiel sehr, dass ich wenn's irgendwie geht mit dem Stadtbus nach Schweinfurt reinfahre. Die Viertelstunde im Bus hab ich einfach Ruhe, kann was lesen oder einfach meinen Gedanken nachhängen oder mich auch mal mit jemandem unterhalten, der mit im Bus sitzt. 

Und einmal in der Woche habe ich einen festen Vormittag mit meiner Frau, da gehen wir gemeinsam Frühstücken. Da kann noch so viel Arbeit anstehen – der Vormittag ist mir wirklich wichtig.

Ja, solche kleinen Momente sind wichtig. (Bei mir ist es … )

Natürlich ist das schwer durchzuhalten, wenn man richtig Sorgen und Stress hat. Wenn beispielsweise so ein Ersatzteil für das Fahrgeschäft mal eben 20.000 € kostet. Oder die Gesundheit nicht so will. Oder wenn man grade mal einfach nicht gut drauf ist, Sorgen hat und trotzdem muss der Betrieb auf dem Fest weitergehen, alles muss fröhlich, bunt und laut sein. 

Und schon sind wir wieder beim Karussell angelangt. Immer im Kreis.

Ja. So langsam drehen wir uns auch mit unserer Ansprache im Kreis, wenn wir so weitermachen.

Ich glaube, viele haben dieses Gefühl „Ich dreh mich im Kreis“, weil sie eigentlich gar nicht so wirklich wissen, was ihr Ziel ist. Was sie erreichen wollen. 

Na ja, eigentlich schon. Ein Haus, ein schönes Auto, eine dicke Rente, viele Reisen machen können, solche Dinge. Das stellen sich doch die meisten als Lebensziel vor. Und dafür schuften sie dann auch wie blöd.

Ja, klar. Aber ist das wirklich das allerwichtigste? Ist es nicht viel wichtiger, dass wir wirklich zufrieden sind? Dass wir uns aufgehoben fühlen, angenommen, geachtet. Dass wir das Gefühl haben: Ich bin etwas wert, ganz egal, was ich im Leben geleistet habe.

Das haben unsere Kolleginnen und Kollegen den meisten, die hier sitzen, doch schon als kleines Kind versprochen. 

Wie meinst du das?

Na ja, das ist doch genau, was die Taufe bedeutet. Gott sagt zu dir: Du bist gut so, wie du bist. Ganz egal, ob's dich im Leben mal aus dem Sitz schleudert oder du fest im Sattel sitzt, ganz egal, ob du erfolgreich bist oder nicht: Du bist gut so, wie du bist. Und: Du hast ein Ziel. Am Ende deines Lebens, ob es nun gut oder schlecht, lang oder kurz war, da wartet Gott auf dich, der die ganze Zeit schon mit dir unterwegs war.

Ich muss gerade an unseren Bibeltext von vorhin denken. Da sagt Jesus ja auch nicht: Ich bin das Karussell, das sich immer weiter dreht. Sondern: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Nachdem Thomas ihn gefragt hat: Wie können wir den Weg wissen. Nachdem er ihn sozusagen gefragt hat: Wie finden wir raus aus diesem ewigen Kreislauf? 

Ich glaube, wenn wir das wirklich Ernst nehmen, dass Jesus der Weg ist und er uns begleitet, dann werden wir immer wieder aus dem Kreislauf ausbrechen können. Und irgendwann unser Ziel finden.

Dazu helfe uns Gott. Amen.