Ein Fisch, der sich Gemeinde nennt
Predigt zum Gemeindefest
Schonungen, 19.9.2010
Text: 1. Kor 12, 4-6
4 Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist.
5 Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
6 Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.
Liebe Fische!
Ja, so muss ich Sie ja jetzt wohl anreden, die Schonunger Gemeinde. Oder besser noch: Lieber Fisch! Es ist ja eigentlich nur einer. Gerade haben wir das Fischpuzzle zusammengesetzt und festgestellt: Jede Gruppe der Gemeinde gehört da dazu. Und wie das in so einer Gemeinde manchmal so ist, ist es auch gar nicht so leicht, das alles zu einem Ganzen zusammenzusetzen. Da gibt es Reibungspunkte. Die Kanten passen nicht hundertprozentig. Oder man weiß erst einmal gar nicht, wohin mit diesem Teil.
Ich kenne die Schonunger Gemeinde ja nicht so gut, aber ich bin mir sicher, auch bei Ihnen ist das so. Die Jugendgruppe hat mit den Senioren wenig zu tun, die Posaunen kennen die von der Krabbelgruppe gar nicht, außer vielleicht, sie haben Enkel dabei. Und so weiter. Und trotzdem gehören sie zusammen, bilden die eine Gemeinde.
Ist ja auch ganz gut so, dass nicht alle genau gleich sind. Stellen Sie sich vor, es gäbe zehn Mal das Puzzleteil mit dem Auge. Dann könnte der Fisch gar nicht schwimmen. Oder es gäbe zehn Münder. Na ja, für den Essensverkauf beim Gemeindefest heute wäre das vielleicht ganz förderlich, aber es fehlt doch eine ganze Menge.
Gut, dass es unterschiedliche Teile gibt. Gut, dass wir unterschiedliche Begabungen haben. So verschieden die Menschen auch hier in dieser Gemeinde sind: Wir gehören zusammen. Erst gemeinsam, in aller Verschiedenheit, wird daraus eine lebendige Gemeinde. Ein Ort, an dem sich viele wohl fühlen. Ein Ort, an dem Gottes Geist wohnt.
4 Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist.
5 Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
6 Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.
So schreibt es Paulus im 1. Korintherbrief. Ja, so soll es auch hier, in dieser Gemeinde sein. Gerade jetzt, in der Vakanzzeit, wird es wichtig, die verschiedenen Gaben noch einmal ganz neu in den Blick zu nehmen. Wer kann was? Wer kann mit welcher Gabe dazu beitragen, dass die Gemeinde nicht verkümmert, sondern wächst? Es ist egal, ob jemand Rasen mäht oder eine Predigt vorbereitet, Bratwürste brät oder zum Lob Gottes Posaune oder Orgel spielt. Es sind verschiedene Gaben, aber es ist ein Geist. Und alle diese Gaben sind wichtig.
Was ist Ihre Gabe? Wo ist Ihr Platz in diesem großen Fisch, der sich Gemeinde nennt? Womit können Sie die Gemeinde und die Gemeinschaft stärken, gerade auch in der schwierigeren Zeit, die jetzt auf Sie zukommt?
Ganz ehrlich, und ich sage das jetzt als Pfarrer: Manchmal ist das auch ganz gut, wenn es eine Zeitlang keinen Pfarrer, keine Pfarrerin gibt. Da kommen auf einmal ganz neue Kräfte zum Vorschein. Neue Menschen fühlen sich angesprochen, jetzt ihren Teil beizutragen. Vor vielen Jahren, als in Sennfeld gerade kein katholischer Pfarrer war, hat das mal jemand zu mir gesagt: „Ich beneide die Katholiken in Sennfeld, denn die haben keinen Pfarrer.“
"Ich beneide die Katholiken in Sennfeld, denn die haben keinen Pfarrer." Was er meinte, war: Dort, wo wirklich Not an Hauptamtlichen herrscht, da finden sich auf einmal Leute, die bereit sind, einzuspringen. Dort, wo niemand sagen kann: "Das macht ja der Pfarrer oder die Pfarrerin!" - da legen die Leute nicht die Hände in den Schoß, sondern sind bereit, sich selbst einzusetzen. Also: Sie, die Gemeinde in Schonungen, sind zu beneiden. Denn Sie haben keinen Pfarrer.
Mein Traum von einer Kirchengemeinde geht so: Plötzlich kommen Menschen auf mich zu und sagen: "Es gibt etwas, das kann ich gut. Ich möchte mich gerne beteiligen, wo ich meine Talente einsetzen kann." Und auf einmal wird die Gemeinde viel reicher, viel lebendiger. Denn es gilt nicht nur das, was "der Pfarrer" sagt. Es gilt das, was der oder die einzelne einbringen kann. Die eine besucht Alte und Kranke. Der nächste bringt seine Ideen in der Jugendgottesdienst- oder Familiengottesdienstvorbereitung ein. Die dritte gründet einen Kinderchor. Der vierte bietet einen Gitarrenkurs an. Es gibt viele Möglichkeiten, diese Gemeinde zu einem Ort zu machen, an dem sich Menschen wohl fühlen können. Zu einem Ort, an dem sie ihre Stärken einbringen können und mit ihren Schwächen angenommen sind - bei den Menschen und bei Gott.
Die Kirche, das ist nicht der Pfarrer und das Pfarramt. Diese Kirche, das sind Sie. Alle Getauften sind Kirche. Sie auch. Und wir haben Gottes Versprechen, dass er seinen Heiligen Geist dazu gibt, was wir in dieser Kirche tun. Der Heilige Geist, das kann heißen: frischer Wind, gute Ideen, Tatkraft, das rechte Wort zur rechten Zeit, die richtige Begabung am richtigen Ort, das Alte bewahren, wo es gut ist. Aber vor allem: Mut. Die Christen damals haben sich nicht einfach in der Ecke verkrochen. Sie sind rausgegangen auf die Straße und haben den Menschen von Jesus erzählt. Und die Gemeinde fing an zu wachsen. Lesen Sie mal nach: Apostelgeschichte 2.
Die Schonunger sind zu beneiden, ja. Denn Sie haben viele Talente in dieser Gemeinde, dessen bin ich mir sicher. Wo sie schlummern, das wissen nur Sie. Und nur Sie können diese Talente in Ihnen zur Entfaltung bringen in dieser Gemeinde.
Gemeinsam kann die Gemeinde wachsen, auch in der Vakanzzeit. Dazu lädt Gott Sie ein. Gemeinsam können Sie zu einer Einheit werden. Zu einem Ganzen, das überzeugend die Botschaft weitersagt: Jesus Christus, Gottes Sohn, Herr. Viele Gaben, aber ein Fisch.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.