Das Handy: Vorbild fürs Leben
Ganz ehrlich: Manchmal ist es schön, eine Norm zu haben. Gestern haben die Handyhersteller bekannt gegeben, dass sie sich auf eine Norm für die Ladegeräte-Stecker geeinigt haben. Wunderbar, das wurde aber auch Zeit. Dieses fürchterliche Sammelsurium war ja wirklich ein Graus. Und sie haben sogar eine sinnvolle Lösung gewählt: Der Micro-USB-Stecker ist ja schon an vielen Geräten vorhanden und kann gleichzeitig auch noch zum Anschluss an den PC verwendet werden. Na wenn das mal kein Fortschritt ist.
Normen machen das Leben leichter. Man muss weniger entscheiden und unterscheiden. Wenn es nur eine Sorte Stecker gibt, kann man sein Handy bald überall aufladen. Wenn jede Tafel Schokolade 100 Gramm wiegt und jede Milchtüte einen Liter Inhalt hat, kann man die Preise viel leichter vergleichen – diese Norm wurde jetzt ja (leider?) aufgehoben. Ja, und auch Gurken dürfen endlich wieder so krumm sein wie sie wollen - das war wohl eine der eher unsinnigen Normen in der EU.
Normen machen das Leben leichter. Manchen Menschen gefällt das. So sehr, dass sie sich ganz in irgendwelche Normen hineinpressen lassen und nicht mehr weiter darüber nachdenken. Dann werden sie zu Extremisten, die außer ihrer eigenen Position nichts anderes gelten lassen. Egal, ob politischer oder religiöser Extremismus: Mit Menschen, die außer ihrer eigenen Norm nichts anderes gelten lassen, ist es oft schwer, ins Gespräch zu kommen.
Ist der christliche Glaube nicht auch so eine Norm? Ist es nicht schon „extremistisch“, überhaupt an Gott und Jesus Christus zu glauben? Schließlich sagt Jesus ja auch so Sätze wie „niemand kommt zum Vater, außer durch mich“.
Ich denke: Irgendwie gehört es natürlich zum Glauben auch dazu, dass man davon überzeugt ist, den richtigen Glauben gewählt zu haben. Aber deshalb muss man noch lange nicht die anderen verurteilen. Wir sind gemeinsam auf einem Weg, der uns hoffentlich zu mehr Erkenntnis führt.
Normen im Christentum: Den meisten werden da als erstes bestimmt die Zehn Gebote einfallen. Und natürlich sind das auch wichtige Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens, die da festgehalten sind. Viele beschweren sich, dass das so negativ rüberkommt: „Du sollst... Du sollst nicht“. Und doch sind es Normen, die das Leben leichter machen. Ähnlich wie die genormten Handystecker: Wenn sich alle dran halten, ist das Leben einfacher. Und wer sich nicht dran hält, bekommt im Zusammenleben mit seinen Mitmenschen Probleme – nicht als eine Strafe Gottes, sondern weil er oder sie sich außerhalb dieser Normen gestellt hat. Ein runder Ladestecker passt halt nicht in eine Micro-USB-Buchse.
Auch hier gilt: Diese Gebote sind eher An-Gebote. Angebote Gottes, wie ein Leben sinnvoll gestaltet werden kann. Ich glaube nicht, dass Gott gleich mit dem Strafzettel winkt, wenn wir mal eines davon übertreten. Sondern dass er sich im Gegenteil freut, wenn wir wieder auf den Weg zurück kommen, den er uns zeigen will. Und dieser Weg: Der ist nicht so klar vorgegeben, wie es Extremisten gerne hätten. Als Jesus gefragt wird, welches das höchste Gebot ist, da antwortet er: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Matthäus 22, 37-40)
Liebe als Lebensgebot: Das ist nichts für Extremisten. Das ist etwas für Menschen, die im Leben stehen und sich liebevoll einlassen auf die Leute um sich herum. Das ist etwas für Menschen, die sich auch selber in Frage stellen lassen. Und die sich auch in Frage stellen lassen können, weil sie eines sicher wissen: Ich bin von Gott geliebt.