Predigt zur Abschlussfeier der Landwirtschaftsschule: Menschen ernähren

Predigt zur Schulschlussfeier der Landwirtschaftsschule
„Menschen ernähren statt Medien füttern“
Schweinfurt, 23.3.2018
Text: Gen 1, 28

„Menschen ernähren statt Medien füttern“.

Dieses Motto haben Sie sich für Ihre Abschlussfeier gegeben, liebe – nun muss ich ja sagen: ehemalige – Schülerinnen und Schüler.

Als ich das gesehen habe, hab ich mir gedacht: Hach ja. Genau. Geht mir ganz genauso. So wichtig Medien sind: Langsam geht mir vieles davon ziemlich auf den Geist. Ich will auch Menschen „ernähren“, sozusagen, halt nicht mit Nahrungsmitteln für den Körper, sondern für den Geist. 

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Sie da richtig verstanden habe. Für mich steckt da auch ein tiefer Seufzer drin, dem ich mich genau so anschließen kann: Wir wollen doch nur unsere Arbeit gut machen, zum Wohl der Menschen, wir jeweils auf unsere Weise. Und dann wird schon wieder die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Irgend jemand aus unserer Berufsgruppe hat wieder mal einen blöden Satz gesagt. Irgend jemand hatte seinen Betrieb nicht im Griff, hat grobe Fehler gemacht – und alle hängen mit drin. Oft genug wird da nicht differenziert. Ist eigentlich völlig egal, ob das der jeweils neueste Fleischskandal ist oder ein Finanzskandal in einem Bistum oder einem evangelischen Dekanat. Gleich heißts wieder „die sind alle so!“ - dabei versuchen wir doch alle unser Bestes.

„Können die uns nicht einfach mal in Ruhe unsere Arbeit machen lassen?“ Ein durchaus berechtigter Seufzer. Sie als Landwirte wollen doch gar nicht ständig beim neuesten Medienhype dabei sein. Sie wollen doch einfach nur Menschen ernähren. Und, so gut es geht, dabei die Natur erhalten und keinen Schaden verursachen.

Tja, das ist ja schon schwierig genug. Vor allem, wenn sich ständig was ändert. Woran soll man sich denn noch halten? Ich sage nur: Glyphosat. Kann man sich auf Zulassungen noch verlassen? Wie könnte man denn selber zu einer fundierten Einschätzung kommen, was gut ist und was nicht? Und wie soll ein Betrieb hier in Deutschland wirtschaftlich arbeiten, wenn in anderen Ländern locker mal das Zehnfache auf die Felder gebracht wird und es niemanden interessiert, ob Leute davon krank werden? Aber auch hier bei uns entscheidet dann am Ende ja doch nur der Verkaufspreis und nicht, wie die Nahrung hergestellt wurde. Super, ehrlich. Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken.

Und dann kommen wieder die Medien und vereinfachen alles, was doch so hochkomplex ist. Glyphosat ist bäh, Bio ist immer gut, konventioneller Anbau immer schlecht. Mittelwege gibt‘s da nicht. Und wer mit dem Diesel-SUV zum Aldi fährt und „Bio-Fleisch“ kauft ist auch besser als der, der mit dem Fahrrad zum örtlichen Metzger fährt, sofern es den noch gibt. Oder? Aber auch die Medien selber dürfen wir nicht alle über einen Kamm scheren. Da gibt es zu vielen Themen wirklich komplexe und ausführliche Reportagen. Aber wer liest das schon noch, wenn ein kurzer Facebook- oder Instagram-Post schon alles zu erklären scheint?

In unserer ganzen Gesellschaft muss sich da vieles ändern. Wir alle, nicht nur Sie, müssen bewusster und aufmerksamer werden dafür, wie wir mit der Natur umgehen. Der Klimawandel, von dem wir ständig neue erschreckende Nachrichten hören, wird uns alle betreffen, aber Sie als Landwirte in einem ganz besonders hohen Maß. Was können wir da tun? Wer kann da was tun?
Mir macht es Hoffnung, dass es überall Bewegungen gibt. Dass Sie sich so viele Gedanken darüber machen, aber auch andere.

Ein Kollege von mir aus der Uckermark, der jetzt im Ruhestand ist, hat zum Beispiel ein Netzwerk gegründet, das nennt sich „für unsere Enkel“. Es soll Menschen im Ruhestand verbinden, die ihre frei gewordene Zeit dafür nutzen wollen, für ihre Enkel für eine bessere und weiterhin bewohnbare Welt zu arbeiten. Vielleicht fühlen sich ja auch manche der Eltern oder Großeltern hier davon angesprochen.

Sie jedenfalls haben sich in diesem Schuljahr Gedanken darüber gemacht, wie Sie Dinge hinterfragen können. Wie Sie Dinge neu angehen können, wenn alte Rezepte nicht mehr funktionieren. Sie haben den „Bauern des Jahres“ besucht und sich von ihm Anregungen geholt. Sie haben sich auch als Gruppe zusammengefunden und wollen sich weiter treffen und gemeinsam weiter überlegen, wie das gehen kann.

Sie alle kennen sicher die uralte Schöpfungserzählung aus der Bibel. Die mit den sieben Tagen. Ich möchte jetzt gar nicht auf diese Diskussion eingehen, ob das nun wörtlich zu verstehen ist oder eher symbolisch – für mich sind es jedenfalls Erzählungen von Ur-Erfahrungen des Menschen. Und in dieser Ur-Erzählung steht auch, wozu der Mensch nach Gottes Willen auf der Welt ist. Es ist eine für uns heute vielleicht etwas fremde Sprache und Ausdrucksweise, aber trotzdem ist es sehr aufschlussreich, finde ich:

Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.   

Macht euch die Erde untertan! Ja, so haben wir das jahrhundertelang verstanden. Die Erde ist da, um uns zu dienen, wir sind die Herrscher. So haben wir diese Erde auch behandelt, und wir müssen heute sagen: Wir waren oft keine guten Herrscher. 

Und genau darum geht es nämlich eigentlich in diesem Text. Denn nach der Vorstellung der damaligen Zeit war ein guter Herrscher eben keiner, der nur seinen eigenen Vorteil suchte. Sondern einer, der dafür sorgte, dass es all seinen „Untertanen“ gut geht. Das heißt: Ein guter Herrscher ist eigentlich ein Diener von allen. Ein guter Herrscher übernimmt Verantwortung für alles, was ihm anvertraut wurde. Ein guter Herrscher kümmert sich um das, was schlecht läuft und freut sich über das, was gut funktioniert und wo es den „Untertanen“ gut geht. In einer anderen Bibelübersetzung steht deshalb auch ein anderes Wort. Da heißt es: „Ich vertraue sie eurer Fürsorge an.“ Ich glaube, das ist viel verständlicher für uns heute. Darum geht es bei dem, was diese Erzählung mit „Herrschen“ meint: Um die Fürsorge für das, was uns anvertraut ist.

Letztlich werden auch Sie in viel kleinerem Maßstab so etwas wie „Herrscher“ sein. Sie werden – vielleicht – einen eigenen Betrieb haben. Und Sie werden hoffentlich genau das versuchen: In diesem Betrieb gut zu „herrschen“, so dass es allen Menschen, die dort arbeiten, allen Tieren und auch den Pflanzen möglichst gut geht.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass es auch der ganzen Welt um uns herum wieder besser geht. Lassen Sie uns in diesem Sinn gut herrschen über diese Welt. Lassen Sie uns sorgen für die Welt und daran arbeiten, dass es den Menschen gut geht, nicht nur hier bei uns. Dass es den Tieren und Pflanzen gut geht. Auch wenn es utopisch ist: Lassen Sie uns gemeinsam darauf hinarbeiten, diese Welt zu einem Paradies für alle zu machen.

Gott segne Sie, Ihre Arbeit und alles, was Sie zu diesem Ziel beitragen können.
Amen.