Ansprache: Du stellst meine Füße auf weiten Raum

Predigt zum Schulschlussgottesdienst der Landwirtschaftsschule
Schweinfurt, 20.3.2015

Text: Ps 31,9 Du stellst meine Füße auf weiten Raum

weites Feld und ein BaumPaul Biagioli  / pixelio.de

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Gäste!

Endlich haben Sie es hinter sich, dieses Schuljahr. Alle haben die Prüfungen bestanden. OK, vielleicht waren manche Ergebnisse nicht so, wie Sie es sich erhofft hatten, aber immerhin: Bestanden haben Sie. Die ganzen Mühen dieser Schulzeit haben sich gelohnt. Viel haben Sie gelernt, viel mussten Sie arbeiten dafür.

Und jetzt? Wie geht es weiter? Wie werden Ihre weiteren Schritte aussehen? Was werden Sie anfangen mit Ihrem neu erworbenen Wissen, Ihren Fertigkeiten, Ihrem Können?

Auf dem Liedblatt habe ich ein Bild abgedruckt. Sie kennen solche Bilder, da bin ich mir sicher. Felder bis zum Horizont. Für Sie heißt das: Arbeit. Vielleicht gar kein so romantisches Bild wie für mich.

Ich weiß nicht, ob Sie es vor lauter Arbeit noch wahrnehmen – das, was ich in diesem Bild sehe. Die Weite. Die unendlichen Felder bis zum Horizont. Keine Begrenzung, kilometerweit könnte ich gehen, wenn auch quer durchs Feld, was natürlich auch nicht so gerne gesehen wird.

Ich wohnte früher in Mittelfranken, zwischen Nürnberg und Ansbach. Da leben noch weniger Menschen als hier. Da habe ich das manchmal genossen: Mich abends aufs Fahrrad gesetzt, und schon nach zwei Minuten irgendwohin konnte ich mir vorstellen, ich wäre der einzige Mensch auf der Welt. Niemand zu sehen. Kein Auto, kein Haus, kein Mensch weit und breit. Und dazu diese Freiheit: Ich kann einfach fahren, in welche Richtung auch immer ich will. Keiner zwingt mich zu irgendwas. Niemand weiß überhaupt, wo ich bin, Handys gab's damals auch noch keine. Freiheit. Weiter Raum. Meine ganz eigene Entscheidung, wie es jetzt an diesem Abend weitergeht.

Im 31. Psalm heißt es an einer Stelle: Du stellst meine Füße auf weitem Raum. Ja, eine große Weite ist das hier, auf diesem Bild. Gehen können, wohin man will. Nach links, nach rechts, geradeaus – Sie haben die freie Auswahl. Ob Sie nächstes Jahr auf diesem Feld Kartoffeln anbauen oder Gerste oder irgendwas ganz anderes – Sie haben die freie Auswahl, ok, wenn man mal von diversen Vorschriften absieht, ich sage nur: Greening.

Ob Sie versuchen, Ihren Betrieb auszubauen, zu vergrößern, zu modernisieren, oder ob Sie sagen: Es passt alles so, wie es ist – Sie haben die freie Auswahl.

Ob Sie eine Familie gründen, Kinder bekommen oder Ihren Weg alleine gehen, oder ob Sie sagen: Es passt alles so, wie es ist – Sie haben die freie Auswahl.

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“. Diesen Spruch habe ich mal für einen Konfirmanden ausgewählt und er dachte, ich hätte ihn wegen seiner Schuhgröße genommen. Nein, natürlich nicht. Sondern eben deshalb: Gott lässt uns Freiheit. Viel Freiheit. Vielleicht spüren Sie das heute ganz besonders, an diesem, ich möchte fast sagen: Wendepunkt in Ihrem Leben.

Vielleicht sehen Sie aber auch eher die vielen, vielen Zwänge, in denen Sie stecken. Nicht nur die EU-Vorschriften. Auch finanzielle Zwänge. Die große, manchmal übergroße Arbeitsbelastung, der Stress, das alles vielleicht auch noch mit Familie unter einen Hut zu bekommen. Die immer neuen Aufgaben, die dazukommen, Dialog mit dem Verbraucher, Sorge um das Tierwohl, neue Düngeverordnung, alles das. Die Verantwortung, die so eine Freiheit zur Entscheidung auch mit sich bringen kann.

Manche wollen gar nicht so gerne frei entscheiden. Sie wollen lieber angeleitet werden, mitlaufen, Aufträge und Befehle ausführen. Zugegeben, das ist manchmal leichter als Entscheidungen zu treffen, Risiken einzugehen. Aber Pauschallösungen und Patentrezepte für landwirtschaftliche Betriebe gibt es nicht mehr.

Für Sie gilt heute: Gott stellt Ihre Füße auf weiten Raum. Er schenkt Ihnen große Chancen und große Freiheiten, wenn Sie sie haben wollen.

Und egal, in welche Richtung diese Füße Sie tragen werden: Gott verspricht, dass er mit Ihnen geht. Das heißt nicht unbedingt, dass Sie immer wirtschaftlichen oder auch persönlichen Erfolg haben werden. Aber es heißt: Sie sind nie allein auf Ihrem Weg, auch dann nicht, wenn alles in die Hose gehen sollte. Gott ist es schließlich auch, der Ihre Füße da hingestellt hat. Er wird Sie nicht allein lassen.

Amen.