Predigt am 3. Advent 2023: Bist du's oder sollen wir auf einen anderen warten?
Predigt am 3. Advent 2023
17.12.2023, Rothhausen, Poppenlauer
Text: Mt 11, 2-10
2 Johannes saß im Gefängnis.
Dort hörte er von den Taten des Christus.
Deshalb schickte er seine Jünger zu Jesus
3 und ließ ihn fragen:
»Bist du der, der kommen soll,
oder müssen wir auf einen anderen warten?«
4 Jesus antwortete ihnen:
»Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:
5 ›Blinde sehen und Lahme gehen.
Menschen mit Aussatz werden rein.
Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt,
und Armen wird die Gute Nachricht verkündet.‹
6 Glückselig ist, wer mich nicht ablehnt.«
7 Die Jünger von Johannes gingen wieder zurück.
Jesus begann,
zu der Volksmenge über Johannes zu sprechen:
»Was habt ihr erwartet zu sehen,
als ihr zu Johannes in die Wüste gegangen seid?
Etwa ein Schilfrohr, das sich im Wind bewegt?
8 Oder was sonst habt ihr erwartet,
dort draußen zu sehen?
Einen Menschen in vornehmer Kleidung?
Ihr wisst doch:
Leute in vornehmer Kleidung wohnen in Palästen!
9 Oder was sonst habt ihr erwartet zu sehen?
Einen Propheten? Ja, ich sage euch:
Ihr habt sogar mehr gesehen als einen Propheten!
10 Johannes ist derjenige,
von dem es in der Heiligen Schrift heißt:
›Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her.
Der wird dir den Weg bereiten.‹
Liebe Gemeinde!
Wenn Sie sich auf eine schöne, freundlich-pastorale halb einschläfernde Adventspredigt gefreut haben heute – dann muss ich sie leider enttäuschen. Wenn Johannes der Täufer im Spiel ist, geht das nicht. Heute geht’s zur Sache. Heute geht’s um die Frage: Woran erkennen wir den Christus, den Messias, den Heiland? Also den, der die Welt heilt?
Und damit ganz eng verbunden: Woran erkennen wir die Menschen, die ihm nachfolgen?
Also, leider ganz unbequem: Woran werden Sie erkannt? Woran merken die Menschen um Sie herum, dass Sie Christus angehören?
Aber fangen wir von vorne an. Johannes der Täufer, der dürfte Ihnen bekannt sein. Ein Vorläufer von Jesus gewissermaßen. Er rief die Menschen zur Umkehr auf, zur Buße. Und er tat das mit drastischen Worten. Er nahm kein Blatt vor den Mund. Zu den Pharisäern und Sadduzäern, den frommen und einflussreichen Männern, sagte er:
»Ihr Schlangenbrut!
Wer hat euch auf den Gedanken gebracht,
dass ihr dem bevorstehenden Gericht Gottes entgeht?
8 Zeigt durch euer Verhalten,
dass ihr euer Leben wirklich ändern wollt!
Kein Wunder, dass er ins Gefängnis geworfen und später auch hingerichtet wurde. Aber trotz allem und obwohl er doch Jesus selbst getauft hatte, die Unsicherheit blieb bei ihm. Und so ließ er aus dem Gefängnis heraus seine Jünger Jesus fragen:
»Bist du der, der kommen soll,
oder müssen wir auf einen anderen warten?«
Und Jesus? Der sagt mal wieder nicht Ja oder Nein. Er sagt: Mach dir doch selbst ein Bild! Schau, was geschieht. Und zieh deine Schlüsse daraus.
»Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:
5 ›Blinde sehen und Lahme gehen.
Menschen mit Aussatz werden rein.
Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt,
und Armen wird die Gute Nachricht verkündet.‹
Glauben – das ist eben nichts Theoretisches. Es ist auch nicht im stillen Kämmerlein sitzen und vor sich hinbeten, jedenfalls nicht nur. Es ist auch nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen und sonst den lieben Gott einen netten Mann sein lassen.
Glauben: Das ist Sehen. Das ist Handeln. Das ist Vorbild sein.
Wie Jesus sagt: Mach dir doch selbst ein Bild! Schau, was geschieht. Und zieh deine Schlüsse daraus. Das tun die Menschen. Und sie schauen auf uns. Auf mich. Auf Sie.
Natürlich: Wir können keine Wunder bewirken. Wir können keine Blinden sehend machen, außer wir sind Ärzte, dann vielleicht. Tote zum Leben erwecken können wir auch nicht. Aber vielleicht das: Den Armen die Gute Nachricht verkünden.
Und darum wird es nun sehr persönlich und unbequem. Die Frage geht an mich, aber auch an dich. Lass sie nicht vorbeirauschen. Pass auf:
»Bist du der der uns durch sein Handeln an Jesus erinnert, oder müssen wir auf einen anderen warten?«
»Bist du die, die uns durch ihr Handeln an Jesus erinnert, oder müssen wir auf eine andere warten?«
Oder anders gefragt: Wo wird in deinem Leben spürbar, dass du Jesus Christus nachfolgst?
Wo wird etwas von der Hoffnung sichtbar, die wir haben?
Wo wird in deinem Leben den Armen die Gute Nachricht verkündet?
Ich nehme mich da gar nicht aus. Wir haben uns ganz gut eingerichtet in dieser Welt. Das alles mit den Kranken und Armen und so, das kann die Diakonie doch super. Da brauchen wir uns nicht drum zu kümmern. Und wenn den Ärmsten in unserer Gesellschaft vorgeworfen wird, sie seien ja nur zu faul zu arbeiten, dann schweigen wir oder stimmen sogar zu, ist ja Politik, da hat sich die Kirche rauszuhalten.
Und wenn Menschen aus größter Not zu uns kommen, die vor Bomben und Vergewaltigung und Zwangsarbeit fliehen und manchmal schon ihre verhungerten Kinder beerdigen oder einfach zurücklassen mussten, dann reden wir von Sozialtourismus, missgönnen ihnen die staatliche Unterstützung, aber erlauben ihnen auch nicht zu arbeiten. Und schieben manche, auch unsere Glaubensgeschwister, ab in Länder, in denen ihnen der Tod fast sicher ist.
Und wenn wir die Bettler am Straßenrand sehen, dann denken wir vielleicht: Die hier in der Fußgängerzone, die haben sie den Platz erkämpt. Oder sie gehören sowieso zu einer Drückerbande. Schließlich kriegen sie ja Unterstützung.
Und ... ach, Sie kennen das sicher. Was war es bei Ihnen zuletzt? Wo sind Sie achtlos vorbeigegangen?
»Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:
5 ›Blinde sehen und Lahme gehen.
Menschen mit Aussatz werden rein.
Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt,
und Armen wird die Gute Nachricht verkündet.‹
Wo wird in deinem Leben, in deinem Handeln und Reden, sichtbar, dass du diesem Jesus nachfolgst?
Vielleicht ist das unser Hauptproblem, warum der Glaube in unserem Land immer unwichtiger wird: Weil die Menschen den Glauben und seine Auswirkungen in uns nicht mehr erkennen. In dir nicht. In mir nicht.
Jesus sagt: Mach dir doch selbst ein Bild! Schau, was geschieht. Und zieh deine Schlüsse daraus.
Also nochmal die Frage:
»Bist du der der uns durch sein Handeln an Jesus erinnert, oder müssen wir auf einen anderen warten?«
»Bist du die, die uns durch ihr Handeln an Jesus erinnert, oder müssen wir auf eine andere warten?«
Ich höre mich selber sagen: „Ja aber, das geht doch alles gar nicht!“ Das, was Jesus tat, das können wir doch so gar nicht.
Oder doch? Wie ist das mit den Seligpreisungen?
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
(Mt 5,6-7)
Und all die anderen, sie kennen sie.
Ein Text von Dan Sadlier, einem US-Pastor aus New York, ging diese Tage auf Facebook rum. Ich finde, er beschreibt ganz gut, wie wir sein sollten. Und ich finde, es macht Hoffnung, dass auch wir das können:
Das Christentum kann manchmal sehr verwirrend sein, aber der Weg Jesu war ziemlich klar:
Geh auf die Armen zu.
Mach die Frauen stark
Mach Platz am Tisch.
Feiere Feste.
Mach die Grenzen deiner Familie weit.
Reiße Löcher in unterdrückerische Systeme.
Vergelte nicht mit Gewalt.
Vergib deinem Feind.
Häufe keinen Reichtum an.
Sei mit Menschen zusammen.
Heile.
Verkündige.
Dränge die Finsternis zurück.
Das Reich Gottes ist nah.
Soweit Dan Sadlier.
Und du? Bist du dabei?
»Bist du der der uns durch sein Handeln an Jesus erinnert, oder müssen wir auf einen anderen warten?«
»Bist du die, die uns durch ihr Handeln an Jesus erinnert, oder müssen wir auf eine andere warten?«
Die Welt wartet auf uns. Auf dich. Die Welt wartet auf Menschen, die überzeugend Jesus vertreten.
Dränge die Finsternis zurück.
Das musst du nicht allein tun.
Gott ist dabei.
Er kommt zu uns.
Das Licht der Welt.
Dränge die Finstenis zurück.
Lebe so, dass die Menschen merken:
Jesus wohnt in deinem Herzen.
Gott kommt.
Zu dir.
Durch dich.
In diese Welt.
Amen.
Foto: Von Berner Nelkenmeister - The Yorck Project (2002) 10.000 Meisterwerke der Malerei (DVD-ROM), distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH. ISBN: 3936122202., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=147879