Predigt beim Schulanfangsgottesdienst der Landwirtschaftsschule: Verwurzelt und verzweigt

Liebe Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule, liebe Lehrkräfte,

dieser erste Schultag in diesem Schuljahr ist einer der schwersten, den die Schule seit langem hatte. Denn einer von Ihnen ist auf einmal nicht mehr da. Er wird fehlen, in der Klasse, im Freundeskreis. Es ist in Ordnung, traurig zu sein in diesen Tagen. Es ist aber auch in Ordnung, zu lachen, fröhlich nach vorn zu blicken, denn beides gehört zum Leben.

Als ob das Leben als Landwirt nicht schon schwierig genug wäre. All die Unsicherheiten, die Verantwortung, die Vorschriften und Regelungen, die Auswirkungen des Klimawandels und und und.

Hier, in dieser Schule, da gehen Sie diese Probleme an. Sie lernen, wie man die Probleme anpackt. Sie entwickeln neue Perspektiven, vielleicht auch ganz neue Ideen für den eigenen Betrieb.

Es ist gut, eine feste Grundlage zu haben für diese schwierige Aufgabe.

Der Prophet Jeremia schreibt einmal:

Segen für den Menschen,
der auf den Herrn vertraut
und dessen Zuversicht der Herr ist!
Er gleicht einem Baum,
der am Wasser gepflanzt ist.
Seine Wurzeln streckt er hin zum Bach.
Vor der Hitze fürchtet er sich nicht,
seine Blätter bleiben grün.
Selbst ein trockenes Jahr macht ihm nichts aus,
und er hört nicht auf, Frucht zu bringen.


Jeremia 17. 4-8 (BasisBibel)

Ja, auf Gott zu vertrauen, das kann Verlässlichkeit geben und Beständigkeit.

In Gott verwurzelt sein, sozusagen. Wie ein Baum.

Dieser Baum, der steht nicht irgendwo.

Er ist nahe am Wasser verwurzelt.

Ihnen brauche ich nichts zu erzählen darüber, wie wichtig Wurzeln sind.

Aber – was mit Ihren Wurzeln?

Was verwurzelt Sie im Leben?

Was gibt Ihrem Leben Halt?

Es kann die Familie sein, die Gemeinschaft hier in der Schule, die Kolleginnen und Kollegen im Betrieb. Der Verein. Die Feuerwehr. Manche Menschen sind tief verwurzelt in ihrem Ort, in der Gemeinschaft.

Jeremia sagt: Die tiefsten Wurzeln, das ist das Vertrauen auf Gott.

Manchmal, da werden diese Wurzeln arg beansprucht.

Stürme und Unwetter machen dem Baum zu schaffen.

Alles gerät durcheinander.

Das ganze Leben steht in Frage.

Verlust, Angst, Trauer.

Wer tief verwurzelt ist in seinem Leben, der kann bestehen. Sagt Jeremia.

Mag sein, dass der Baum ein wenig zerzaust ist,

aber er übersteht das Unwetter genauso wie die Hitze.

Zu unseren Wurzeln gehört auch die Erinnerung an die, die uns verlassen haben.

Eine solche Erinnerung ist gerade ganz stark in vielen von Ihnen.

Sie darf und soll ein Teil Ihres Lebens bleiben.

Genau wie all die, die Sie geprägt haben, und die schon gegangen sind.

Starke Wurzeln helfen, auch in der Trauer.

Sie zeigen: Ich weiß, wo ich hingehöre. Ich bin verbunden mit denen, die vor mir waren, die ein Stück Weg mit mir gegangen sind.

Aber heute, heute beginnt trotz allem ein neuer Abschnitt für Sie.

Es geht um Entwicklung. Um Zukunft. Um neue Räume, neue Ideen, neue Wege.

Wer feste Wurzeln hat und sich ihrer bewusst ist, der kann dann auch weiter wachsen. Heute geht’s nicht nur um Wurzeln, sondern ums neue Äste treiben lassen. Um die Weite.

Um Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen und Neues zu gestalten.
Es braucht Mut, neue Wege zu gehen: im Betrieb, in der Landwirtschaft, bei Entscheidungen, die uns fordern. Es braucht Mut, einfach mal irgendwo anzusetzen und so wie ein Baum einen neuen Ast sprießen zu lassen. Früchte zu tragen. Sich zu entfalten.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesem Schuljahr spüren: Sie haben tiefe Wurzeln. Und sie können wachsen, sich entfalten, neue Äste und Zweige und Früchte hervorbringen. Sie können blühen, bunt und fröhlich und zuversichtlich, trotz aller Unsicherheiten. Denn Sie haben einen festen Grund unter sich.

Amen.

Foto © Birgit Arndt / fundus-medien.de