Ansprache bei der Klima-Andacht am 29.11.2019: Gott ist die Schöpfung nicht egal!

Text: Kol 1, 15-20 (BasisBibel)

15 Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes,
der zuerst Geborene –
noch vor der ganzen Schöpfung.

16 Denn durch seine Gegenwart wurde alles geschaffen,
im Himmel und auf der Erde,
das Sichtbare und das Unsichtbare –
ob Throne oder Herrschaftsbereiche,
ob Mächte oder Gewalten.
Alles wurde durch ihn geschaffen,
und alles hat in ihm sein Ziel.

17 Er ist vor allem da,
und durch seine Gegenwart hat alles Bestand.

18 Und er ist das Haupt des Leibes –
der Gemeinde.
Er ist der Anfang:
Der erste der Toten,
der neu geboren wurde,
damit er in jeder Hinsicht der Erste ist.

19 Denn Gott hatte beschlossen,
mit der ganzen Fülle seiner Kraft
in ihm gegenwärtig zu sein.

20 Und er wollte,
dass alles durch ihn Versöhnung erfährt,
um in ihm zum Ziel zu kommen.
Denn er hat Frieden gestiftet
durch das Blut,
das er am Kreuz vergossen hat.
Ja, durch ihn wurde alles versöhnt –
auf der Erde
wie im Himmel.

Christus ist der Erstgeborene der ganzen Schöpfung … oh je, Ulli, was hast du da für einen Text für heute rausgesucht? Ob den die Leute hier verstehen?

Na ja, dafür sind wir ja da, Heiko. Lass uns doch mal schauen, was da drin steckt. Aber du hast recht: dahinter verbirgt sich eine ganze Schöpfungstheologie: Gott ist der Ursprung alles Seins, der ganzen Schöpfung und unserer Welt. Und Jesus ist sein Ebenbild.

Ja, und wir Menschen auch. Wir sollen es zumindest sein. 

U: Genau. Ich war ja Anfang Oktober ein paar Tage in der Eifel, einem riesigen Wald- und Naturschutzgebiet. Da habe ich wieder mal gemerkt, wie gut es mir getan hat, auf vielen Waldwegen und in der Natur spazieren zu gehen. Und ich habe mir gedacht: Was hat Gott da für eine einzigartige Schöpfung gezaubert.

H: Alles schön und gut! Aber hast du nicht gehört, was jetzt erst im Radio zu hören war? Da ist festgestellt worden, dass die Masse an Totholz um mehr als die Hälfte gestiegen ist - so zumindest die Statistik für Bayern. 

U: Du meinst also das Totholz, das in der Natur gelassen wird, damit z. B. in den zerfallenden Bäumen oder Wurzeln Lebewesen Nahrung finden können. Das ist ja einerseits gut für diese Tiere. Andererseits kann dieses Holz halt nicht mehr genutzt werden. Auch in Schweinfurt, so war zu lesen, mussten eine ganze Reihe von Bäumen gefällt werden, weil sie kaputt sind. 

H: Aber die Probleme gibt es ja nicht nur beim Wald. Meere, Luft und Böden - alles ist verschmutzt. Unsere ganze Welt hat Schaden erlitten mit den vielen Folgen fürs Klima, die dadurch eintreten. Aber: Was hat das jetzt mit dem Text vorhin zu tun, dass durch Gott alles erschaffen worden ist? Und was meint er damit, dass Jesus das Haupt des Leibes ist?

U: Na ja, ich denke mal, der Schreiber des Kol-Briefes will damit sagen: Gott ist es nicht egal, was mit seiner Schöpfung passiert. Schließlich ist er der Urheber einer wunderbaren Schöpfung. So steht es ja im ersten Buch der Bibel. 

H: Und Jesus, Gottes Sohn, ist Mensch geworden, was wir ja in ein paar Wochen an Weihnachten feiern. Der Autor des Kol-Briefes nennt ihn sogar das Haupt des Leibes. Jesus hat auf dieser Erde gelebt, er hat gelitten und ist am Kreuz gestorben. Er hat sozusagen totalen Einsatz gezeigt für uns Menschen und damit für die ganze Schöpfung. 

U: Ja, genau. Das ist unser Glaube, den die Schreiber der biblischen Texte immer wieder bezeugen. Jesus hat sich mit uns solidarisiert: am meisten mit den Armen und Leidenden. Die sind es ja auch, die gerade am meisten unter den Auswirkungen der Klimakatastrophe leiden. Ich verstehe deswegen auch seinen Tod am Kreuz so: Jesus war und ist das Schicksal der Menschen in dieser Welt nicht egal. Deswegen hat er sozusagen die Schmerzen und die Wunden der ganzen Schöpfung auf sich genommen. 

H: Und Gott ist es erst recht nicht egal. Deswegen hat er seinen Sohn nicht im Stich gelassen und auferweckt. Das macht mir Hoffnung! Auch für unsere Welt. Deswegen die Botschaft: Es geht weiter. Aber Jesus braucht uns dazu. Er ist das Haupt des Leibes, aber WIR sind seine Glieder. Wir sind die Werkzeuge, durch die Gott wirken will. Wir müssen selbst eintreten für Gerechtigkeit, für Frieden, für die Bewahrung der Schöpfung. 

U: Unsere Jugendlichen von Fridays for Future, die nachher wieder in die Innenstadt zum Marktplatz ziehen, erheben dafür ihre Stimme: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ So kann es einfach nicht weitergehen. Wir alle sind gefragt - im Kleinen wie im Großen umzudenken und zu handeln. 

Es gibt eine ökumenische Gemeinschaft, eine Kommunität, die ihren Sitz an der Westküste von Schottland hat, der Insel Iona. Sie besteht aus Männern und Frauen, deren Schwerpunkt unter anderem darin besteht, sich für Frieden, Gerechtigkeit und Wiederherstellung der Schöpfung einzusetzen. Sie haben eine Liturgie entwickelt, die ganz aktuell ist. Daraus ist dieses Wechselgebet: 

Christus, dein Kreuz spricht zu uns und zur Welt. 

Als du für uns starbst, 
nahmst du auf dich die Schmerzen und die Wunden
der ganzen Schöpfung. 

Die Arme deines Kreuzes sind ausgestreckt zur Versöhnung für die zerbrochene Welt. 

Du hast Frieden mit uns geschlossen. Wenn wir dein Werk der Versöhnung fortführen, halten wir Frieden mit dir. Hilf uns dazu. 

Lass uns deinen störenden und aufrüttelnden Geist erkennen: Dass wir Sorge tragen für die Schöpfung und für die Armen, die am meinsten unter dem Missbrauch der Schöpfung leiden. 

Christus, deine ganze Schöpfung seufzt: Befreie uns. Mache uns ganz.

Amen.

Lied 652: Du schufst Herr unsre Erde gut