Gott sagt Ja

Predigt am 4. Sonntag im Advent 2011
18.12.2011, Schonungen

Text: 2. Kor 1, 18-22 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe. Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.

Liebe Gemeinde!

Ehrlich gesagt, diesen Predigttext musste ich zweimal lesen, bis ich verstanden hatte, was Paulus uns hier sagen möchte. Was war das mit „Ja“ und „Nein“? Wer sagt jetzt Ja, wer sagt Nein? Bei genauerem Hinsehen wurde es aber schnell ziemlich klar – und ich habe mich über diesen Text für heute sehr gefreut. Ich lese ihn nochmal vor und lasse ein paar nicht so zentrale Sätze weg.

Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe.

Es geht also um eine ganz einfache und doch ganz elementare Frage:
Wie steht Gott zu uns?

Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte dazu erzählen. Und sicher fallen Ihnen Tausende ähnliche ein, die Sie selbst erlebthaben.

Martina, 13 Jahre alt, wird von der Polizei nach Hause gebracht. Sie hat im Schmuckgeschäft einen Ring mitgehen lassen und wurde natürlich erwischt. Sie versucht sich noch rauszureden „Ich hab ganz vergessen, dass ich den noch in der Hand hatte“, aber das hilft natürlich alles nichts. Zu Hause gibt es riesigen Krach, Türen knallen, Eltern und Kind reden kein Wort mehr miteinander. Für eine Weile. Doch irgendwann geht die Mutter ins Zimmer ihrer Tochter. Sagt: „Aber du bist doch mein Kind!“ - und dann liegen sie sich weinend in den Armen.

Ist Gott so wie diese Mutter? Wie steht Gott zu uns?

Martin Luther hatte es etwas anders formuliert, ungefähr so: Wie kriege ich einen gnädigen Gott? Das war die – für ihn oft quälende – Frage, die ihn umtrieb. Was hat er nicht alles getan, um Gott zu gefallen. Was hat er nicht alles getan, damit Gott nicht irgendwann „Nein“ zu ihm sagt, sondern „Ja“. Ins Kloster gegangen ist er. Hat sich selbst Strafen auferlegt. War zu sich selbst in einem Maße streng, das wir uns kaum vorstellen können. Und doch war er sich nie sicher: Sagt Gott wirklich Ja zu mir? Reicht es, was ich für ihn tue?

Luther hat es später an einem anderen Bibeltext festgestellt, aber genau so gut hätte er diesen hier lesen können. Denn hier steht: Jesus Christus ist das Wort Gottes. Und dieses Wort ist – Ja. Keine Bedingungen. Kein „Nein“. Auch kein „Ja, aber“. Einfach nur Ja. „ Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.“ Und dann dieser Satz: „auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja.“
Das heißt: Alle diese Verheißungen der Propheten, alles das, was wir im Alten Testament lesen über den Messias, der kommen wird, alles das wird von Gott bestätigt. Gott sagt Ja dazu. Ja, die Verheißungen sind wahr. Ja, Gottes Liebe ist kein Hirngespinst.

Vor ein paar Wochen war ich in München habe in der Fußgängerzone einen Prediger gesehen. Der hat sich da hingestellt und die Leute beschimpft und ihnen mit der Hölle gedroht, wenn sie sich nicht ändern. Richtig in Rage geredet hat er sich. So schade: Er hat irgendwie das falsche Wort erwischt. Was er gepredigt hat, das war ein Nein Gottes zu den Menschen. „Was du da tust, das gefällt mir nicht!“ Aber – sagt Gott nicht so etwas auch zu den Menschen? Ist nicht gerade bei den Propheten auch viel von Strafe und Gericht die Rede, ja sogar vom Untergang? Und auch Jesus redet in ziemlich scharfen Worten davon. Also – wo bleibt da dieses unbedingte Ja Gottes?`Ist es doch nur eine schöne Floskel, um uns einen „lieben Gott“ zu basteln, aber in Wirklichkeit straft er die Menschen für jede Missetat, die sie begehen? Wo ist da das Ja Gottes?

Das Geheimnis ist: Das Ja Gottes steht ganz am Anfang. Vor allem anderen. „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, das sind die ersten Worte der Bibel. Durch ein Wort, durch ein „Ja, ich will das so“ ist, so beschreibt es die Bibel, die Erde entstanden. Natürlich wissen wir heute vom Urknall und all diesen Dingen – darauf kam es denen, die diese Geschichte aufgeschrieben haben, auch gar nicht an. Sie wollten nur zeigen: Alles liegt in Gottes Hand, alles ist vom Ja Gottes abhängig.

Oder schauen wir auf die Zehn Gebote. Die sind uns in Erinnerung als ziemlich klare Anweisungen: Du sollst. Du sollst nicht. Aber was steht ganz am Anfang? „Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägypten, aus der Knechtschaft befreit habe“. Am Anfang steht das Ja Gottes zu seinem Volk. Die Befreiung. Ohne eine Vorbedingung. Das andere – das folgt daraus, dass ich mich von Gott angenommen fühle. Es ist schwer, diese Gebote richtig zu übersetzen. Man könnte es auch so machen: Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich befreit habe. Deshalb wirst du den Feiertag heiligen usw.

Alles, was wir tun, das ist nur eine Folge davon: Davon, dass wir dieses unbedingte Ja Gottes ernst nehmen. Wir schaffen das nicht immer, das ist klar. Wir sind keine hundertprozentig moralisch einwandfreien Menschen. Wir haben Fehler, und manchmal muss auch jemand, muss auch Gott zu einem dieser Fehler „nein“ sagen. So, wie die Eltern zum Verhalten von Martina nein gesagt haben. Aber: Gott sagt niemals nein zu mir als Person. „ Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.“

Also, lieber Straßenprediger, erzähl den Leuten doch mal mehr von Gottes Liebe. Und nicht so viel von Strafe und Hölle. Denn Gottes Wort zu uns ist das Ja. Und dieses Wort Gottes – es liegt an Weihnachten ganz sichtbar in der Krippe.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.