Predigt zum Schulgottesdienst der Landwirtschaftsschule: Fürchtet euch nicht!

Liebe Abschluss-Schülerinnen und Schüler, liebe Erst- und Drittsemester!

Was für eine seltsame Zeit ist das gerade. Schulschlussfeier zu Beginn des neuen Schuljahres. So viele Umbrüche, mit denen wir umgehen müssen. Eine Zeit zwischen zwei Regierungen – manches deutet sich an, aber vieles ist auch noch unklar. Und natürlich fragen Sie sich: Was bedeutet das für uns? Wie werden wir in Zukunft unsere Felder bestellen, welche Regeln werden neu sein, können wir überhaupt noch überleben vor lauter Regeln? Wird es jetzt noch schwieriger mit der Landwirtschaft? Oder wird es vielleicht sogar einfacher werden für Sie? Werden nur die Kosten und der Aufwand steigen – oder wird es vielleicht auf der anderen Seite auch mal die Möglichkeit geben, mehr einzunehmen?

Gleichzeitig erleben Sie in den letzten Jahren immer stärker den Klimawandel. Drei Jahre der Hitze Dürre und dieses Jahr so ganz anders, sehr feucht, wenig Sonne. Und dass wir von den ganz großen Unwettern verschont wurden, war eher Glück. Irgendwann wird das auch mal kommen. Wie kann man sich schützen?

Lohnt es sich überhaupt noch zu investieren? Oder ist es besser, gleich aufzugeben, wie so viele Bauern jedes Jahr? Gilt immer noch das „Wachsen oder weichen“, oder gibt es neue Konzepte, neue Ansätze?

So viele Fragen. Kein Wunder, dass Sie Sorgen haben und manchmal vielleicht auch Angst vor der Zukunft. Da finde ich es ein ganz wunderbares Motto, das Sie sich für diese Feier gewählt haben:

„Wer Angst hat vor der Zukunft, hat keine Zukunft“

Ich musste spontan an eine Folge von Star Trek – the next Generation denken. Da steht der erste Offizier William Riker vor einem scheinbar übermächtigen Wesen, das ihn vernichten könnte – und sagt: „Angst ist der Name des Gegners, des einzigen Gegners.“

Ja: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Angst macht uns klein. Angst lässt uns zögern und zaudern, lässt uns mutlose Entschiedungen treffen. Nicht immer ist Angst schlecht. Sie sorgt auch dafür, dass wir genauer überlegen, dass wir planen, dass wir nicht jede Gefahr eingehen.Um nochmal auf eine etwas modernere Serie einzugehen: In „Locke and Key“ begräbt Kinsey ihre eigene Angst und fühlt sich erst einmal total frei und erleichtert. Aber dann merkt sie: Ein bisschen Vorsicht und Nachdenken wäre manchmal gar nicht so schlecht. Sie geht zu große Risiken ein, gefährdet sogar andere. Ganz ohne Angst, ohne Furcht ist also auch nichts. Sie hilft uns, realistisch zu planen. Aber: Letzten Endes müssen wir die Angst überwinden. Wir dürfen uns nicht davon beherrschen lassen. Angst ist der Name des Gegners, des einzigen Gegners.

Es gibt einen Satz, der so häufig in der Bibel steht wie wohl kein anderer. Er lautet: Fürchte dich nicht! Fürchtet euch nicht rufen die Engel in der Weihnachtsgeschichte. Fürchte dich nicht steht an so vielen anderen Stellen.

Eine ganz bekannte Erzählung im Markusevangelium, Kapitel 4, handelt davon, wie die Jünger einmal mit Jesus im Boot unterwegs waren. Ein fürchterlicher Sturm kam auf, die Wellen schlugen ins Boot, sie meinten zu ertrinken, doch Jesus – er schlief tief und fest. Den Rest lese ich in der Übersetzung der BasisBibel vor:

Seine Jünger weckten ihn und riefen: »Lehrer!
Macht es dir nichts aus, dass wir untergehen?«
 39 Jesus stand auf, bedrohte den Wind
und sagte zum See: »Werde ruhig! Sei still!«
Da legte sich der Wind, und es wurde ganz still.
 40 Jesus fragte die Jünger:
»Warum habt ihr solche Angst?
Habt ihr immer noch keinen Glauben?«
 41 Aber die Jünger überkam große Furcht.
Sie fragten sich: »Wer ist er eigentlich?
Sogar der Wind und die Wellen gehorchen ihm!«

Vielleicht werden Sie auch manchmal das Gefühl haben, vor lauter Sturm und Wellen um Sie herum gleich unterzugehen. Vielleicht werden Sie das Ziel aus den Augen verlieren. Vielleicht wird Ihre Angst, Ihre Furcht vor dem Untergang übergroß werden, das Wasser Ihnen bis zum Hals stehen – unternehmerisch oder ganz persönlich.

Aber: Sie sind nicht allein. Mag sein, dass Sie manchmal das Gefühl haben: Gott, der schläft. Der ist doch gar nicht da. Ich bin ganz allein auf meinem Weg. Aber – das ist nicht so. Vielleicht müssen Sie ihn aber erst mal wecken.
Natürlich heißt diese Geschichte nicht, dass Sie nur auf Gott vertrauen müssen und dann funktioniert alles bestens in Ihrem Leben. Jesus ist selber nicht der Superstar, bei dem alles perfekt gelaufen ist, ganz im Gegenteil. Sein Leben endete als Verbrecher verurteilt am Kreuz, einer ziemlich grausamen Todesstrafe. Scheitern gehört dazu. Scheitern, Misserfolg, alles das gehört zum Leben. Und trotzdem singen die Engel an Weihnachten: Fürchtet euch nicht!

An einer Stelle möchte ich Ihrem Slogan sogar gerne widersprechen. Ich weiß, wie er gemeint ist, nämlich genau so: Schaut ohne Angst in die Zukunft. Aber vielleicht ist das für manche auch nicht so leicht. Vielleicht haben sie Angst. Das ist gut. Das ist wichtig. Aber auch, wenn Sie selbst Angst haben wie die Jünger im Boot: Auch dann haben sie eine Zukunft. Auch dann ist Jesus da. Er sitzt mit Ihnen im Boot. An den angstvollen Tagen genauso wie an den zuversichtlichen. Bei Missernten ebenso wie wenn die Speicher bis zum Rand gefüllt sind.

Fürchtet euch nicht!

Amen.

Bild von falco auf Pixabay