Predigt beim MehrWegGottesdienst „Wir verstehen es auch nicht“
Gott, wo bist du? Wo hältst du dich versteckt?
So frage ich. Frage ich. Frage ich.
Das Leid der Menschen, die ich als Pfarrer begleite, schreit zum Himmel, Gott.
Die Eltern, die ihr Kind verloren, vier Jahre war es alt.
Die Menschen, die gegen den Krebs kämpfen. Junge wie alte. Und oft, viel zu oft, verlieren.
Die, die die Hoffnung aufgegeben haben. Die innerlich schon tot sind, obwohl sie noch existieren.
Liebe Gemeinde!
Frohe Weihnachten! Können wir uns das überhaupt noch aus vollem Herzen gegenseitig wünschen? Wenn ich mir ansehe, was in diesem Jahr alles geschehen ist. Wie viel Krieg, Terror, Anschläge es gegeben hat. Wie viele Millionen Menschen auf der Welt auf der Flucht sind. Ich möchte gar nicht alles aufzählen, was dieses Jahr so geschehen ist. Und jetzt vor weniger als einer Woche dieser Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin. Frohe Weihnachten? Wirklich?
„Am Sonntag muss ich in die Kirche. Bedauert mich mal.“ „Hoffentlich geh ich nicht in Flammen auf, wenn ich da reingehe.“ „Die haben nicht mal WLAN, damit ich mich ablenken kann.“
Solche Sprüche lese ich fast täglich, denn ich habe auf meinem Computer eine Anzeige, in der mir alle Twitter-Beiträge angezeigt werden, in denen das Wort Kirche vorkommt. Mit Ausnahme von denen, in denen zusätzlich das Wort „Ameisen“ steht. Man glaubt gar nicht, wie oft dieser Witz getwittert wird: „Warum gehen Ameisen nicht in die Kirche? Weil sie In-Sekten sind.“
Wohl wollen.
Genau wissen, was gut ist.
Und dann zögern.
Zurückschrecken.
Gar nichts tun.
Rumstehen.
Ratlos sein.
Noch ein Versuch.
Wohl wollen.
Ach, es gäbe so vieles anzupacken, so vieles.
Die Welt nur ein kleines bisschen schöner machen.
Liebe Gemeinde, stellt euch vor, was die Schweinfurter Ratsherren sich da ausgedacht haben! Einen Gottesdienst sollen wir feiern, schön mittelalterlich. Zum Bürgerfest, wie es sich am Sonntag gehört. Aber, nicht auszudenken: Mit den Papisten zusammen! Ökumenisch nennen sie das. Mit den Papisten! Nein nein, das wird in fünfhundert Jahren nichts werden! Sicher nicht!
Aber aber, Prediger Kuschel! Was soll das denn? Können wir denn nicht gemeinsam feiern? Beten wir nicht beide zum gleichen Gott?